Es klingt verlockend: Distribute your Mac apps on the Mac App Store and reach millions of users around the world.
Wow!? Das hört sich fantastisch an. Man entwicklt einfach eine App, stellt sie in den App Store und erreicht damit Millionen von potenziellen Kunden. Dieser Versuchung konnten wir nicht widerstehen - und so machten wir die Probe aufs Exempel.
Wir gingen mit der App picatext ins Rennen. picatext ist eine low price App, mit der man Text aus Bildern oder vom Bildschirm extrahieren kann. Entwickelt haben wir diese in Objective-C mit Xcode als IDE.
Der Release einer Software ist wahrscheinlich einer der spannendsten Momente im Leben eines Softwareherstellers und Apple macht einiges, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Als App-Entwickler weiß man nämlich gar nicht so genau, wann eine App im App Store erscheinen wird.
Jede App wird von Apple auf das Einhalten der App-Guidelines geprüft und erst dann für den App Store freigegeben. Wann das passiert oder ob man erst noch nachbessern muss, bevor die App released wird, kann man nur schwer voraussagen. Im Falle von picatext klappte es beim zweiten Anlauf. Apple ist hier aber sehr fair und gibt klare Anweisungen was noch zu ändern bzw. zu beheben ist. Bei picatext dauerten die Reviews selbst ca. 1–2 Tage. Zwischen dem Einreichen und dem eigentlichen Review vergingen jeweils auch noch ein paar Tage.
Nach dem finalem Review bekommt die App den Status “Ready for Sale”. Die App kann man dann aber noch nicht sofort kaufen. Nach dem OK von Apple dauerte es bei picatext noch einen guten halben Tag bis die App im Store verfügbar ist. Aber dann war sie endlich da… unsere erste App!
Im Internet berichten nur wenige App-Entwickler über ihre Erfahrungen am ersten Tag. Die Spanne reicht von nur einer Handvoll Verkäufen und großer Enttäuschung bis hin zu tausenden Sales und Freudentaumel. Dementsprechend waren wir sehr neugierig, was die ersten Verkaufszahlen sagen würden.
Die Verkaufsstatistik wird von Apple immer am darauf folgenden Tag veröffentlicht. Demnach muss man sich etwas in Geduld üben. Aber picatext schien ganz gut anzulaufen. Zumindest im deutschen App Store kletterte picatext über den Tag hinweg bis auf Platz 68. In den anderen großen Stores blieb der Erfolg aber zunächst aus. Am Tag darauf war das Ergebnis dann amtlich. picatext verkaufte sich am ersten Tag weltweit 22 mal. Mit einem Platz unter den Top 100 in Deutschland haben wir mit etwas mehr gerechnet, aber immerhin.
Wie auch im Einzelhandel so sind auch im App Store die Wochenenden am umsatzstärksten. Und während wir unter der Woche fleißig Promo-Codes an Blogger und App-Portale versendeten, bekamen wir passend zum Wochenende das erste picatext-Review auf Appgefahren. Dies ließ unsere Verkäufe nach ein paar schwächeren Tagen seit dem Release wieder in die Höhe schnellen und brachte uns im deutschen App Store sogar in die Top 10. Allein an dem Tag, an dem das Review erschien, haben wir knapp 100 Verkäufe erziehlt. Das war zu diesem Zeitpunkt 10 mal so viel wie an den Tagen zuvor. picatext wurde damit in der ersten Woche ca. 300 mal verkauft.
Dank des Aufschwungs des Wochendes schien auch Apple auf picatext aufmerksam geworden zu sein. Denn pünktlich zum zweiten Wochenende wurde picatext von Apple in die Kategorie “Neu und Beachtenswert” aufgenommen.
Damit war picatext auf der Startseite des App Stores zu sehen und das nicht nur in Deutschland, sondern weltweit! Das spiegelte sich natürlich entsprechend auch in den Verkaufszahlen wider.
Während der Zeit unter “Neu und Beachtenswert” wurde picatext bis zu 300 mal pro Tag von den Mac-Usern gekauft. In den Rankings kletterte picatext in den USA auf Platz 18, in UK auf 13 und in Deutschland auf 6. Ganz passabel für die erste App.
Leider war der Erfolg nicht von Dauer. Knapp eine Woche später entfernte Apple im Zuge des Mavericks-Updates die Kategorie “Neu und Beachtenswert” aus dem App Store und setzte wieder die “alten Bekannten” wie Pages, Numbers, etc… unter dem Gewand “Die besten neuen Apps” auf die Startseite. Ab diesen Zeitpunkt ging es mit den Verkaufszahlen von picatext rapide nach unten. Nur ein paar Tage später sanken die täglichen Verkaufzahlen auf einen einstelligen Wert.
picatext ist mittlerweile zwei Monate auf den Markt und hat sich in dieser Zeit knapp über 1900 mal verkauft. Die App kostet 3,99$, womit ein Umsatz von etwa 7600$ entsteht. Davon gehen 30% an Apple. Die aktuellen Verkaufzahlen stagnieren im einstelligem Bereich. Ein Aufwärtstrend ist momentan nicht zu sehen.
Das Ergebnis unseres Experiments: ernüchternd. Die Millionen Mac-User haben wir mit unserer App wohl nicht erreicht. Trotz des Features von Apple wollten sich unsere Anstrengungen nicht lohnen. Einen Gewinn konnten wir mit picatext nicht erzielen. Vorraussichtlich werden wir, zumindest in naher Zukunft, keine neue App für den Mac App Store entwickeln.